Der Weg zu den eigenen Wundern



Yoga gehört inzwischen in vielen Fitness-Studios zum Regelangebot. Grund für shape UP, mit einer Serie mal die ganze Welt dieser aus Indien stammenden Bewegungslehre vorzustellen. Unsere Autorin Liljana Cornehl ist seit vielen Jahren Yoga-Lehrerin und -Ausbilderin. In der ersten Folge beschreibt sie, wie sie Yoga-Anfänger erlebt.

 

Yoga – ein neuer Trend in Deutschland? Das ist Unsinn. Yoga ist schon lange zu einer – man kann schon sagen – Massenbewegung geworden.

Das sagen allein schon die Zahlen, die der Berufsverband der Yogalehrenden in Deutschland (BDY) mit einer repräsentativen Umfrage unter 2000 Personen ab 14 Jahren herausgefunden hat.

Danach praktizieren 3,3 Prozent der Deutschen Yoga, das sind etwa 2,6 Millionen Menschen.
Der Anteil der Yoga-Praktizierenden ist bei Frauen mit sechs Prozent spürbar höher als unter den Männern mit nur einem Prozent. Neben den aktuell Übenden haben weitere zwölf Prozent der Deutschen früher schon einmal Yoga praktiziert.

Und: Unter den Personen, die aktuell kein Yoga praktizieren bzw. noch nie praktiziert haben, können sich immerhin 16 Prozent vorstellen, in den nächsten zwölf Monaten (erneut) mit Yoga zu beginnen.

Bei den Frauen sind es 23 Prozent und bei den Männern sieben Prozent. Damit kommt Yoga aktuell für jeden fünften Deutschen in Betracht!

Interessant bei dieser Studie aus dem Jahr 2014 ist auch, welche Motive die Yoga – Praktizierenden nennen.

Bei den Motiven, Yoga mal auszuprobieren, werden besonders Verbesserungen für das körperliche Befinden (63 Prozent), Verbesserungen für das geistige Empfinden (56 Prozent), Steigerung der körperlichen Leistungsfähigkeit (53 Prozent) und Steigerung
für die geistige Leistungsfähigkeit (52 Prozent) genannt, wobei für Männer die Steigerung der körperlichen Leistungsfähigkeit (78 Prozent) besonders wichtig ist. Ein persönliches Interesse auf geistig-spiritueller Ebene nannten 24 Prozent.

Spannend auch die Antwort auf die Frage, ob Yogis durch die Yoga-Praxis Veränderungen an sich wahr nehmen:

90 Prozent (100 Prozent der Männer!) antworteten mit: Ja! 59 Prozent der Befragten fühlen sich entspannter, 32 Prozent körperlich fitter, 30 Prozent fühlen sich einfach wohler, elf Prozent haben eine bessere Atmung und sieben Prozent (darunter 31
Prozent der Männer) erleben sich konzentrierter. Also: Yoga ist schon lange kein Trend mehr, eine Modeerscheinung sowieso nicht. Yoga gehört inzwischen zu Deutschland. Und ich finde: Das ist gut so.

Genug der Zahlen.

Für mich immer wieder interessant, wenn ich mit Yoga-Anfängern arbeite. Man kann diese „Beginner“ grob in drei Gruppen aufteilen:

1. Die Teilnehmer, die ihre Aufmerksamkeit nach innen gerichtet haben

Wenn man diese Teilnehmer anblickt und ihnen ins Gesicht schaut, dann hat man das Gefühl, dass sie sich in einer Art Versenkung befinden. Sie genießen diese Zeit voll und ganz mit sich selbst. Ihre Konzentration ist nach innen gerichtet und auf ihren Atem,
dabei sind sie im ständigen Kontakt mit ihrem Körper.

Der Körper sendet zu jeder Zeit Signale aus, in wie weit eine Asana (Übung) auszuführen gerade möglich ist. Wie der aktuelle „Leistungstand“ ist, was also geht und was gerade nicht geht und was jetzt Grenzüberwindendes versucht werden möchte und
darf. Gleichermaßen werden die Gedanken durch den Atemfluss sanfter und anmutiger, was die Teilnehmer in eine gelassene Stimmung trägt.

2. Die Teilnehmer, die ihre Aufmerksamkeit zwar nach innen gerichtet haben, sich aber immer wieder von den äußeren Geschehnissen ablenken lassen Natürlich gibt es Tage, an denen man in seiner Versenkung bleiben kann und Tage,
an denen wir uns schneller von unserer Konzentration ablenken lassen.


 

Trotz alledem ist diese Ablenkung aber ein Zeichen dafür, dass die Konzentration nicht stabil ist und dass uns etwas in unserem Leben, in unserem Alltag, gerade mehr ablenkt, als sonst.
Yoga lehrt uns auch, sich gerade dann zu konzentrieren, wenn es draußen einmal stürmt.

Genau das ist mit eine der größten Herausforderungen, gerade dann noch in deiner ganz eigenen Mitte zu bleiben. Und wenn du einmal solch einen Tag hast, dann ist es so, wie es ist!

Mein Tipp: Lache erst einmal herzhaft über dich, wenn du diese Erkenntnis hast, wie schnell du dich ablenken lässt und dann versuche, deinen Atmen zu beobachten und dich auf ihn einzulassen, seinen Fluss zu halten, auch wenn du hin und wieder zu deinem Yoga Lehrer linst.
Bleibe dabei in der Konzentration und Verbindung zu deinem Atemfluss.

Nimm dich nicht zu ernst und vor allem gebe an solchen Tagen nicht zu viel Speed, Strenge und Druck in die Übungen hinein. Das könnte zu großen Verletzungen führen, denn wenn wir nicht mit unserem Körpergefühl verbunden sind, können wir die Signale nicht früh genug wahrnehmen.

Durch die gehaltene Aufmerksamkeit auf deinen Atem kommst du von ganz alleine wieder in die Spur.Das ist definitiv der sanftere Yoga Weg, der zu Wundern und nicht zu Wunden führt.

3. Die Teilnehmer, die ihre Aufmerksamkeit nach außen gerichtet haben, um sich zu orientieren, was die Ausführungen der Übungen anbelangt, aber auch, um diesen Wettbewerb mit anderen Praktizierenden, meist völlig unbewusst, einzugehen

Hier lauern die größten Verletzungs- und Frustgefahren. Denn in dieser Gruppe neigen die Lernenden und Ausübenden dazu, sich vom Atemfluss und somit dem Körperbewusstsein zu entfernen.

Anstatt auf die Stimme in unserem Körper zu hören und mit ihm im Einklang zu praktizieren, geben wir dieses innere Orientierungssystem auf und wechseln zu den Anlagen des Wettbewerb-Antriebes, welcher dann auch meist ziemlich schnell gleich die komplette Führung übernimmt. Dies ist übrigens auch in dem Gesichtsausdruck der Teilnehmer zu erkennen.

Wenn du dich in dieser Gruppe wiedergefunden hast, dann beobachte dich in deiner nächsten Yoga Stunde, wie viel Freude du aufbauen kannst, wenn du dich auf deinen eigenen Atem konzentrierst.

Dabei kann es zu Irritationen kommen, von denen du dich nicht stören lassen darfst: Wenn du deinen Atemfluss nach 10 Sekunden verlieren solltest, dann ist das normal für den Anfang! Das passiert sehr oft und gehört zu dem anfänglichen Prozess dazu. Die Konzentration ist, was den eigenen Atem anbelangt, anfangs eine große Herausforderung.

Tipp: Knüpfe einfach wieder an den jetzt folgenden Atemzug an. Ganz einfach! Und so machst du das immer und immer wieder, bis aus den 10 Sekunden auf einmal 60 Sekunden geworden sind. Dann kannst du auf einmal fünf Minuten am Stück deinen Atem beobachten. Dann werden aus fünf Minuten 15 Minuten! Und irgendwann sind daraus 60 Minuten geworden! Das ist alles eine Sache der Übung. So haben alle großen Yogis einmal angefangen. Die Übung macht den Meister.

So stellt sich YOGA ein, denn Yoga heißt aus dem Sanskrit übersetzt: „Verbindung“

Verbindung schaffen zwischen dem Körper, dem Geist und der Seele, und diese Verbindung entsteht genau durch diesen oben erklärten bewussten Atem.

Test: Prüfe einmal in deiner nächsten Yoga-Stunde, ob du dich in der ersten, zweiten oder gar dritten Gruppe wieder findest, oder wie lange du dich in den jeweiligen Gruppen aufhältst.

Wichtiger Tipp: Gebe dir keine Noten dafür. Es ist einfach nur eine Beobachtung, die mit Leichtigkeit durchgeführt werden möchte. Jeder Tag ist anders, daher sind diese Überprüfungen spielerisch zu sehen und doch ein sehr gutes und wichtiges Indiz.

Ich wünsche viel Freude dabei.

PS: In der nächsten shape UP-Ausgabe stelle ich einzelne Yoga-Übungen vor, erkläre ihren Sinn und beschreibe, was passieren kann, wenn man sie falsch ausführt.


Autorin dieses Artikels für das Magazin shape UP

Liljana Cornehl

❯ Gründerin des STARPOOL – STAR Academy & Event Bildungsinstitutes
❯ Yoga Lehrerin
❯ Staatliche Heilerlaubnis zur Heilpraktikerin Psychotherapie
❯ Systemische Therapeutin
❯ Mitglied im Prüfungsausschuss der IHK Wiesbaden für Sport- und Fitnesskaufmann/ frau
❯ Internationale Top Presenterin/ Referentin seit 1992
❯ Personal Trainerin (IDEA USA)
❯ Body Mind Spezialistin
❯ Yoga-, Group Trainer, Body Mind-, Fitness- & Personal Trainer Ausbilderin