Yoga ist ein Wort aus dem Sanskrit und bedeutet übersetzt „Verbindung, beziehungsweise Vereinigung.“ Wenn wir nun als Yogalehrer/-trainer – im Weiteren einfach nur Yogi genannt – hier im Westen Yoga unterrichten, dann dürfen wir dies so auch verinnerlichen, dass Yoga nicht nur eine Bewegungsform ist, sondern viel, viel mehr dahinter steckt, als nur ein Training des Körpers.
Yoga ist eine Lebensphilosophie. Eine Lebensart. Yoga möchte „verbinden“. Yoga möchte in dem Menschen eine bewusste Verbindung zwischen dem wiederherstellen und stabilisieren, was ihn ausmacht. Eine bewusste Verbindung zwischen Körper, Geist und Seele kann auch über das Körperbewusstsein hergestellt werden. Körperbewusstsein kann wundervoll über den Atem und der gesunden, für den jeweiligen Menschen im Moment richtigen Ausrichtung der Asanas (Übungen) erfolgen.
Hier ist vor allem darauf zu achten, dass von dem Yogi nicht nur die Endvariante der jeweiligen Asanas angewiesen und forciert wird, sondern und vor allem auch der Weg dahin, wie man die Asanas so vorbildlich einnehmen kann, wie sie in vielen Büchern und im Internet bildlich abgelichtet werden. Die Teilnehmer im Yogaunterricht haben solch unterschiedliche Ausgangslevels, dass es manchmal eine große Herausforderung für den Yogi ist, alle Teilnehmer unter einen Hut zu bekommen. Diese Herausforderung darf aber jeder Yogi auf sich nehmen und Freude daran entwickeln. Der Yogi hat die Aufgabe, die „Verbindung“ zwischen dem Teilnehmer und der jeweiligen Asana herzustellen. Wenn er es schafft diese Verbindung herzustellen, wird der Teilnehmer einen Sinn im Yoga Praktizieren erkennen. Schafft er es nicht die Verbindung zwischen dem Teilnehmer und dem Yoga, der jeweiligen Asana herzustellen, dann erzeugt er eine Trennung und der Teilnehmer kann keinen Sinn darin erkennen, Yoga weiterhin zu praktizieren, weil er sich nicht „als so biegsam oder soweit fortgeschritten“ sieht. Yoga kann eine enorme Freude entfachen, sowohl in der Rolle als Yogi, als auch in der Rolle als Teilnehmer, wenn beide es verstehen den Leistungsdruck aus dieser fantastischen Lebens- und Trainingsart herauszunehmen, um eben diese tiefe Einigkeit, die der Teilnehmer nach einer Stunde Yoga spürt, zu schaffen.
Was muss der Yogi dabei beachten?
Wir hatten schon das Thema: Leistungsdruck rausnehmen. Ganz wichtig. Schließlich wurde Rom auch nicht an einem Tag erbaut.
Jeder Teilnehmer, der auf seiner Matte Yoga praktiziert, hat die Aufgabe, auch nur auf seiner Matte zu „sein“, mit seinen Augen, mit seinem Bewusstsein, mit seiner Asana, so dass er nicht in die Versuchung kommt, sich mit den anderen Teilnehmern zu vergleichen.
Der Yogi hat die Aufgabe die Asanas langsam aufzubauen und die Verbindung zusätzlich auch dahingehend zu schaffen, indem er einiges über die Wirkungsweise der Asanas erzählt.
Lasst uns einmal gemeinsam dem Adho Mukha Svanasana, den „Herabschauenden Hund“ anschauen!
Diese Asana ist eine der bekanntesten überhaupt und wird auf Internetseiten und in den Büchern immer so ausgeführt, dass die Beine komplett gestreckt sind und die Arme ebenso. Das ist sehr vorbildlich und sollte auch das Ziel eines jeden Yogapraktizierenden sein, den Herabschauenden Hund auch einmal so ausführen zu können.
Jedoch können das im Yoga Anfängerkurs beispielsweise nur etwa 5-15 Prozent der Teilnehmer. Für diese Asana braucht man Kraft, während der ganze Körper gestreckt wird. Gebraucht wird auch eine gewisse Dehnfähigkeit und Beweglichkeit, vor allem in den Beinrückseiten und dem Rücken, welche gerade im Westen durch z. B. die vielen sitzenden Tätigkeiten sehr eingeschränkt ist. Zudem ist eines der größten Mankos des Menschen das Streckdefizit im Knie und der Rundrücken.
Wenn der Yogi seine Teilnehmer motoviert die Beine zu strecken, dann geschieht das oft zu Lasten der Wirbelsäule. Dann versuchen die Teilnehmer die Beine zu strecken und dadurch wird der Rücken rund, das Becken kippt in die falsche Richtung und die Schultern werden an die Ohren gezogen. Der Zug der dabei u. a. im Rücken spürbar wird, geht auf Kosten der Wirbelsäule. Wichtig ist, sobald man die Position des Herabschauenden Hundes einnimmt, dass der Yogi erst einmal auf die Beugung der Knie und auf den Fokus der Wirbelsäule hinweist:
„Erst den Rücken lang machen, die Knie dabei beugen und die Fersen abwechselnd in den Boden setzen, so dass sich die rückwertige Beinmuskulatur und die Wirbelsäule an diese Position gewöhnen können.“
Ebenso wichtig sind die Finger, Handflächen, Arme, Schultern, um das Körpergewicht auf Ihnen gerecht verteilen zu können.
Diese sollten bei dem Herabschauenden Hund wie folgt sein, wobei wir jetzt einmal die ganze Reihenfolge anzeigen, wie wir von dem Vierfüßler in den Herabschauenden Hund kommen:
❯ Wenn wir vom Vierfüßler Stand beginnen in den Herabschauenden Hund zu gehen, dann sind die Hände unter den Schultern, die Finger sind gespreizt (die Zeigefinger sind parallel zueinander). Das ganze Körpergewicht ist gerecht auf den Handflächen verteilt, um die Handgelenke zu entlasten, aber auch auf den Knien, die sich unter der Hüfte befinden, die Unterschenkel sind in Verlängerung der Knie und die Füße sind in Verlängerung der Fußgelenke. Der Rücken ist lang, die Schulterblätter weit nach außen. Der Atem ist ruhig.
❯ Nun setzen wir die Fußzehen auf und kommen mit dem Ausatmen mit langem Rükken und gebeugten Knien und dem Fokus auf den langen Rücken in den Herabschauenden Hund. Das Becken ist dabei nach vorne gekippt, die Sitzbeinhöcker strahlen in den Himmel.
❯ Der Blick ist Richtung Boden gerichtet, um die natürliche Halslordose zu behalten. Das Gewicht ist auf den Händen und den Füssen gleichermaßen verteilt.
❯ Die Ellbogen haben eine Mikrobeuge in den Gelenken, um dadurch die Schultern zu entlasten. Habe so ein Gefühl (nur das Gefühl haben und nicht tatsächlich umsetzen), als ob du mit den Achseln eine Orange auspressen sollst, dann werden die Schultern weit und lang und der Kopf wird frei.
Wenn der Teilnehmer diese Asana jetzt so hält und weiteratmet (am Anfang nicht länger als 30 Sekunden bis max. 3 Minuten), mit dem Fokus auf einen langen Rücken, dann kann er die Fersen im Wechsel in den Boden drücken. So hat die Beinrückseite und der Rücken die Möglichkeit sich dieser Haltung anzupassen, und der Teilnehmer kann dies angenehm spürbar miterleben, wenn Weite in diesen Bereichen entsteht. Spürbar werden auch die Weite im mittleren Rücken und die Intensivierung der Atmung vor allem im Brustkorb, der Atemhilfsmuskulatur.
Auch kann gut während der Haltung dieser Asana konzentriert eine leichte Katze und Kuh Bewegung im Rücken/ Becken ausgeführt werden, um die Dehnung in den Bereichen Rücken/Beine zu fördern. Viele Teilnehmer neigen dazu, die Schultern hängen zu lassen.
Dies geschieht, wenn die Kraft nicht ausreicht. Dann wäre es wichtig, dass der Yogi öfter Pausen einbaut, so dass der Teilnehmer Lust auf diese Asana bekommt und nicht verschreckt wird, durch ein zu langes Halten.
Die Motivation ist immer zu beachten: Lieber weniger und dafür richtig, als zu viel und dafür gefährlich in der Ausführung.